Frankfurt a.M.-Schwanheim, den 3. April 1952
Verfasst von Kamerad Hch. [Heinrich] Kreuder, Kassenführer und Zugführer e.h.
Bei der Abschrift des Textes wurden auch offensichtliche Fehler der Rechtschreibung, Grammatik oder Interpunktion nicht stillschweigend oder gekennzeichnet korrigiert, um den ursprünglichen Texteindruck zu bewahren. Zwecks Leserlichkeit wurden Absätze und Zwischenüberschriften eingefügt.
Die Gründung der damaligen Freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten Kreuz fällt in eine Zeit in der unser Deutsches Vaterland in einem Wohlstand und in einer Weltgeltung lebte wie ihn sich die jüngeren Generationen von heute nicht vorstellen können. Nichts geschah in der Welt wo Deutschland nicht ein gewichtiges Wort mitzureden hätte. Auch die Weltanschauungen von damals waren grundsätzlich andere als die von heute und folglich muss der Leser einer Chronik sich in die Gedankengänge von damals vertiefen um das alles recht zu verstehen warum und weshalb mann damals dazu über ging Sanitätskolonnen im gesamten Deutschen Vaterlande zu gründen.
In den [18]90er Jahren bis über die Jahrhundwende hinaus wurden auf Anregung des damaligen Deutschen Kriegerbundes die sogenannten Krieger-Sanitätskolonnen gegründet und zwar zur Unterstützung Des Kriegssanitätsdienstes. Auch die heutige Bereitschaft v. Roten Kreuz Ffm. Schwanheim ging aus dem ehemaligen Krieger & Militär-Verein hervor was ich als Verfasser aus den Akten genannten Vereins einwandfrei feststellen konnte. Die Kolonne wurde jedoch sehr bald eine selbständige Formation innerhalb des Roten Kreuzes und es konnten auch sonstige Bürger der Kolonne beitreten d.h. sie mussten nicht Mitglieder des Krieger & Militär-Vereins sein wie dies vorher der Fall gewesen ist. Das Mindestalter war 18 und das Höchstalter 45 Jahre. Diese Richtlinien stimmen genau mit dem Wehrmachtsalter überein. Die Ausbildung und auch die Tätigkeit waren in erster Linie für den Kriegsfall bestimmt und sämtliche Kolonnen unterstanden dem damaligen kaiserlichen Militärinspekteur in Berlin für den Kriegsfall. Im Falle von Notständen Seuchen u.s.w. unterstanden sämtliche Kolonnen den amtlichen Sanitätsdienst und das Ministerium des Innern konnte denselben nach Bedarf jederzeit aufrufen. Die Ausbildung sowie die Ausrüstung mussten so gefördert werden, dass 2/3 der Mannschaften jederzeit zum Einsatz zur Verfügung stehen konnten. Die Auswahl der Mitglieder wurde nach strengen Grundsätzen gehandhabt. Nur unbescholtene Leute mit einem einwandfreien Lebenswandel konnten Aufnahme im Roten Kreuz finden.
Die erste Feuerprobe der damals 8 Jahre alten Kolonne war der Einsatz bei der grossen Explosionskatastropfe in der Chemischen Fabrik Griesheim Elektron am 25. April 1901 wobei 24 Tote zu beklagen waren und cirka 200 zum Teil schwer Verletzte. Der damalige Schriftführer Heinrich Becker wurde für hervorragende Leistungen von der Regierung mit dem Allgemeinen Ehrenzeichen geehrt. Von der Direktion der Chemischen Fabrik erhielt die Kolonne ein Anerkennungsschreiben für hervorragende Hilfeleistungen und ausserdem ein Betrag von 500.- Goldmark. Dieser Betrag wurde verwendet zur Anschaffung von Uniformen und Ausrüstungsgegenständen. Dieses Unglück war eins der grössten der damaligen Zeit zumal wenn mann bedenkt wie damals die Menschen in Eintracht und Frieden ihrer Beschäftigung nachgehen konnten.
Im Jahr 1908 feierte die Sanitätskolonne ihr 15jähriges Bestehen im Saalbau Henninger unter Beteiligung sämtlicher Kolonnen des damaligen Kreises Höchst sowie unter Mitwirkung der hiesigen Vereine. Die traditionsgemässe Feier von Kaisers-Geburtstag fand alljährlich am 27. Januar statt was mit einem Festessen und einem guten Trunk immer gebührend gefeiert wurde. Die Mittel hierzu wurden von den Kameraden aufgebracht. Die allgemeinen Übungsstunden fanden allwöchentlich unter Leitung des Herrn Sanitätsrat Dr. Henrichsen und Kolonnenführer Karl Neubecker statt und schon der gute kameradschaftliche Geist trug viel dazu bei, dass kein Kamerad selten einmal eine Übungsstunde versäumte. An der großen Bezirksübung in Mainz im Sommer 1908 beteiligte sich die Kolonne. Diese Übung stand unter der Oberbefehl von Kolonneführer Neubecker.
Im Jahre 1914 fand in Heidelberg die Ärzte und Führertagung statt welche von Kolonnenführer Helfrich besucht wurde. (1912 trat Karl Neubecker von seinem Amt als K.Führer zurück.) Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass im August 1914 einer der größten Weltkriege ausbrechen sollte den die Weltgeschichte bis dato gekannt hat. Wer erinnert sich noch jeder Tage der Begeisterung und keine ahnte welch unglücklichen Ausgang dieses Völkerringen mit sich bringen sollte. Zwischen Theorie und Praxis sind immer große Unterschiede vorhanden und diese Wahrnehmung mussten auch die Mitglieder der Sanitätskolonne gleich zu Anfang des Krieges feststellen. Gemäss den einheitlichen Satzungen, dass im Fall eines Krieges 2/3 der Aktiven für den Kriegssanitätsdienst herangezogen werden sollten erfüllten sich in diesem Maase nicht sondern es musste die Feststellung gemacht werden, dass aussenstehende Leute wo nie in den Reihen des Roten Kreuzes gestanden haben auf einmal diesen Weg fanden um dem Heeresdienst zu entgehen. Von den aktiven Kameraden standen im aktiven Militärdienst Karl Halter, Leopold Petermann und Wilhelm Wagner stand kurz vor der Einziehung. Ferner waren zu Heeresdienst eingezogen die Kameraden Anton Busch, Karl Gaubatz, Anton Gaubatz, Karl Pyroth, Karl Kohaut, und Hch. Kreuder. Im Januar 1915 wurde vom Roten Kreuz zum Sanitätsdienst eingezogen die Kameraden Martin Helfrich, Karl Hölzchen, Wilhelm Brandbeck, Johann Safran, Peter Wey. Was in der Heimat verblieb beschränkte sich auf das ein und ausladen von Verwundeten und sonstigen Übernahmen von Betreuungen innerhalb der Gemeinde. Leider hat auch die Kolonne den Verlust von sehr guten Kameraden zu beklagen gehabt derren Namen auf unserer Gedenktafel verewigt sind. Es sind dies Anton Gaubatz, Leopold Petermann, [… nicht leserlich].
In der Blüte ihrer Jugend wurden sie dahin gerafft aber das Alter wird sie in Ehren halten und stets ihrer gedenken. Nach 4½jährigem Ringen auf allen Kriegsschauplätzen der Welt musste Deutschland im November 1918 kapitulieren und am 11. November wurde der Waffenstillstand abgeschlossen. Infolge der Demobilmachung waren bis zum Januar 1915 die meisten Kameraden wieder zurück und stellten sich erfreulicher Weise der Kolonne wieder zur Verfügung. Aber wie sollte hier ein neuer Anfang zu Wege gebracht werden? Mann muss sich hier in die Verhältnisse der damaligen Zeit zurückversetzen um die Schwierigkeiten ermessen zu können. Die ursprüngliche Tätigkeit durfte nicht mehr ausgeübt werden noch nicht einmal eine Trageübung durfte geübt werden, worüber die französische Besatzungsbehörde mit Argusaugen wachte und mancher Kamerad musste auf diesem Grunde vor dem Oberstkommandierenden in Höchst erscheinen. Die politischen Wirren wurden von Tag zu Tag krasser. Es kam der Ruhrkampf in Verbindung mit der Inflation. Jede Gemeinde, jede Stadt ja sogar jedes grössere Fabrikunternehmen macht sein Geld selbst. Die Zahlen erreichten eine schwindeltente Höhe bis zu Billionen und eine nur achtjährige Schulzeit reicht nicht mehr aus um hier noch haushalten zu können.
In diese Zeit März 1923 [f]ällt das 30jährige Stiftungsfest der Kolonne verbunden mit der Bezirkstagung des Roten Kreuzes. Diese Veranstaltung war eine Kundgebung für den Gedanken des Roten Kreuzes im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Gedächtnisgottesdienst in der katholischen Kirche ging dem Feste voraus. Die Turnhalle (grosser Saal einschl. Gallerie) war bis auf den letzten Platz besetzt. Der damalige Kolonnenarzt Dr. Neumann hielt einen 2stündigen Vortrag über das Heilwesen in alter Zeit welcher von allen Anwesenden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Der finanzielle Erfolg war nach der Menge des Geldes gemessen gross aber nach dem Wert gemessen ein Risiko denn es musste auf dem schnellsten Weg umgesetzt werden damit mann überhaupt noch etwas dafür kaufen konnte. Diese Mittel wurden restlos für Beschaffung von Krankenpflegeartikel verausgabt und die Kolonne war damit zum erstenmal in der Lage der Bevölkerung auf diesem Gebiete dienen zu können. Im November 1923 erreichte die Inflation ihren Höhepunkt und es kam die sogenannte Rentenmark und mit diesem Moment nachdem alle Barvermögen diesem Volkraub zum Opfer gefallen waren traten inbezug auf das Geldwesen wieder normale Verhältnisse ein. Die Wunden welche jedoch [zurückblieben] sollten auch für die Sanitätskolonne von entscheidender Bedeutung sein.
Es muss hier schon etwas abgeschweift werden um dem Leser ein anschauliches Bild der vermitteln: Ausser der Kolonne bestand in Schwanheim ein Krankenwagen-Verein mit cirka 700 Mitglieder. Dieser Verein wurde s.Z. von einem Commite ins Leben gerufen um die Krankentransportfrage in Schwanheim einer Lösung entgegen zu führen. Man muss auch hier die Verhältnisse vor über über 50 Jahren etwas näher beachten: Die Anmarschwege zu den Krankenhäusern in Frankfurt zumal im Winter erforderten einen Zeitaufwand von 2 Stunden und mehr. In dem Krankenhaus in Höchst herrschten noch in den [18]90er Jahren noch sehr primitive Verhältnisse. Fahrzeuge vor allem Krankenkraftwagen waren zu dieser Zeit noch unbekannte Begriffe und vielfach mussten oft Schwerverletzte auf Bauernfuhrwerke in die Krankenhäuser transportiert werden. Weitsichtige Männer in Schwanheim und auch hier wieder an der Spitze Provessor Dr. Wilh. Kobelt taten sich zusammen um hier Abhilfe zu schaffen. Um die Jahrhundertwende tagte in Frankfurt a/Main ein internationaler Rettungskongress verbunden mit einer Ausstellung und auf dieser war auch ein bespannter Pferdetransportwagen für Krankentransporte ausgestellt. Hier wurde eine Unterlassungssünde aus Parteipolitischen Tendenzen begangen zum Nachteil der Einwohnerschaft selbst. Der reichen Gemeinde Schwanheim damals wäre es ein leichtes gewesen diesen Wagen zu beschaffen und der Sanitätskolonne zur Verfügung zu stellen statt dessen wurde eine fahrbare Krankentransporttrage mit Verdeck angeschafft und der Kolonne übergeben. Mit diesem Transportmittel war die Transportfrage keinesfalls gelösst. Das bereits angedeutete Commite setzte alles in Bewegung durch Sammlungen, Veranstaltungen u.s.w. und beschaffte diesen bespannbaren Krankenwagen. Es war dies für damalige Verhältnisse ein grosser Erfolg.
Die Inflationszeit mit ihrem finanziellen Ruin beeinflusste diesen Verein aufs schwerste. Die Gelder für eine volkommene Überholung des Wagens konnten nicht aufgebracht werden und die Zeit arbeitete für die Sanitätskolonne vom Roten Kreuz. Der damalige wieder als Vorsitzender fungierende Karl Neubecker und Karl Halter bahnten Verhandlungen an mit dem Vorstand des Krankewagen-Vereins um eine Verschmelzung beider Vereine in die Wege zu leiten. Wie bei all derartigen Bestrebungen waren auch hier Schwierigkeiten nicht zu vermeiden. Es musste hier eine Klausel überwunden werden die beim Krankenwagen-Verein darin bestand, dass im Falle einer Veräusserung des Wagens innerhalb der Commitemitglieder volle Einstimmigkeit erzielt werden musste. Dass diese Verhandlungen zu einem befriedigendem Ergebnis führten ist zu einem Teil das Verdienst von Kamerad Karl Halter welcher sich damals mit seiner ganzen Kraft für unsere Belange mit Erfolg einsetzte. Die Liquidation des Vereins wurde vollzogen und der Wagen ging in den Besitz der Sanitätskolonne über desgleichen auch alle [… nicht leserlich …] langer Wunsch aller Kameraden ging hier in Erfüllung.
Der nun folgende Aufbau der Kolonne vollzog sich mit Riesenschritten. Die Mitgliederzahl stieg infolge einer intensiven Werbung auf die Zahl von über 1000. Im Jahre 1924 übernahm Kamerad Karl Halter das Amt des 1. Vorsitzenden nachdem Kamerad Hch. Kreuder von diesem Posten zurückgetreten war. Trotz diesem Aufstieg muste sehr bald erkannt werden, dass ein bespannter Krankenwagen als veraltet zu betrachten sei. Aber wie zu Geld kommen um diesem Problem zu lössen? Unzählige Sitzungen des Vorstandes befassten sich mit dieser Angelegenheit und es wurde um die Genehmigung nachgesucht eine Lotterie ins Leben zu rufen woran sich sämtliche Sanitätskolonnen im Deutschen Reich dass damals noch gross war beteiligen konnten. Der Grundgedanke war der, dass jede Kolonne Anteilscheine im Werte R.M. 10.- erwerben konnten welche nach einer gewissen Zeit wieder ausgeloost wurden sodass also genau gesehen diese Anteilscheine ein gewisses Darlehen darstellten und ausserdem noch den Vorteil hatten für diese 10.- Mark entweder den Pferdewagen zu gewinnen oder den Ambulanzwagen. Diese Arbeit mit dem Anschreiben an cirka 2000 Sanitätskolonnen im [D]eutschen Reich war ein grosser Misserfolg welcher diese Riesenarbeit nicht lohnte. Unsere beiden Fahrzeuge gingen durch diese Verloosung in anderen Besitz aber der finanzielle Erfolg stand in gar keinem Verhältnis. Das Gute dabei war nur, dass keine von den Sanitätskolonnen ihren Anteil zurück verlangte. Der Vorstand unter der Führung seines Vorsitzenden Kamerad Halter lies sich durch diesen Misserfolg nicht entmutigen und suchte neue Wege. [E]s wurden mit der Hilfskasse des Deutschen Roten Kreuzes in Berlin Verhandlungen angebahnt zwecks Aufnahme einer Anleihe von R.M. 15000.-. Nach mühevollen Verhandlungen nicht nur allein mit der Hilfskasse Berlin sondern auch mit der Gemeindeverwaltung Schwanheim gelang es endlich nachdem sich die Gemeinde bereit erklärte das Darlehen zu erhalten. Es war dies ein nervenaufreibender Kampf der manchmal zu Differenzen im Vorstand führte was eine ganz naturgemässe Erscheinung darstellt da bekanntlich jeder das beste im Auge hatte. Nun konnten zahlreiche Offerten von Lieferfirmen eingeholt werden von welchen die Horchwerken das niedrichste Angebot machten und auch den Zuschlag erhielten zum Angebotspreis von R.M. 14000.- mit einer Zahlungsfrist von 2 Jahren. Die restlichen 1000.- Mark wurden für Ausbildung des Hauptfahrers Josef Berz und die 2 ehrenamtlichen Fahrer Karl Halter und Karl Gaubatz verwendet. Im Jahr 1926 wurde der Wagen bei Schnee und Eisgestöber in Berlin abgeholt und nach entsprechenden Feier in Dienst gestellt. Das Ziel war erreicht aber die finanzielle Belastung war gross.
Nachdem der Kamerad Karl Kohaut die gesamte Kassenführung nach kaufmännischen Gesichtspunkten umstellen musste konnte er jedoch diese Amt nicht mehr weiter führen da [er] damals nach Unterliederbach verzogen war. Als Nachfolger wurde Kamerad Hch. Kreuder erneut für [das] verantwortungsvolle Amt ei[n]stimmig wieder gewählt. Es war eine gewaltige Schuldenlast wo vor allem auf den Schultern des Vorstandes ruhten und es erforderte fortgesetztes Disponieren um Herr der Lage zu bleiben. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass die Rückzahlungsfrist von 2 Jahren nicht ausreichte und es musste eine weitere Frist von 2 Jahren beantragt werden. Es muss hier berücksichtigt werden, dass eine Zeit des wirtschaftlichen Niedergan[g]s einsetzte. Konkurse in der Geschäftswelt waren an der Tagesordnung und die Arbeitslosenzahl stieg in die Millionen was zur Folge hatte, dass ein enormer Beitragsausfall zu verzeichnen war. Aber wie immer im Leben [w]enn die Not am am grössten ist Gott am nächsten.
In diesen Niedergang fällt das gewaltige Bauwerk der Staustufe. Ich erinnere mich noch als Kamerad Halter und meine Wenigkeit als das Gelände abgestekt wurde dasselbe mit den Rädern abfuhren [u]m geeignete Anfahrwege bei eventuellen Unfällen festzustellen uns beiden ein Berliner Ingeneur in protziger Art erklärte: Ach wass bei uns gibt es keine Unfälle. Wie sah nun die Wirklichkeit aus? In der gesamten Bauperiode waren Unfälle am laufenden Band zu verzeichnen zum Teil schwerster Natur. Dass die Sanitätskolonne hier über einen Krankenkraftwagen verfügte war garnicht hoch genug zu würdigen gewesen was naturgemäss auf der anderen Seite der Kolonne wieder Einnahmen verschaffte wo es ihr ermöglichten in einer kürzeren Zeit ihre Restschuld abzutragen als vorgesehen war. Trotz der sonst ungünstigen wirtschaftlichen Lage wurde es möglich gemacht noch einen Horch-Personenwagen für Leichtkranke und einen gebrauchten Presto-Personenwagen für Mannschaftstransporte zu kaufen. Durch Verhandlungen mit der I.G. Griesheim bekamen wir den ausser Dienst gestellten alten Adler-Krankenkraftwagen gegen einer Anerkennungsgeführt von Mk. 1.-. Somit verfügte die Kolonne über 4 Kraftwagen und war nach dieser Seite für alle Eventualitäten gesichert.
Nach dem Vorbild anderer Kolonnen wurde auch hier ein Spielmannszug ins Leben gerufen um bei Geländeübungen den Kameraden auf dem Hin- und Rückmarsch den Dienst etwas freudiger zu gestalten. Inbezug auf Anschauungsmaterial wurde keine Mittel gescheut um den Ausbildungsstand der Mitglieder aufs höchste zu vervollkommenen.
Im August 1933 konnte die Kolonne auf ein 40jähriges Bestehen zurückgreifen. Mit dieser Feier war eine groß angelegte Übung verbunden unter der Leitung von Kolonnenführer Halter. Bei dieser Übung kam es leider zu einem schweren Zusammenstoss zwischen unserem Krankenkraftwagen und dem Höchster Wagen wo es Verletzte gab und ziemlich grosser Sachschaden. Das Jahr 1933 stand überhaupt unter einem unglücklichen Stern. Menschliche Irrungen trugen das Ihrige dazu bei uns es wäre für die Kolonne besser gewesen wenn kein 1933 gegeben hätte. Durch die Gleichschaltung-Eingriffe in die Vereinsfreiheit u.s.w. wurden Werte vernichtet was nicht mehr wieder gutzumachen ist. Gerade hier im Roten Kreuz wurden Eingriffe vorgenommen wo absolut kein Recht vorhanden war.
Das Jahr 1939! Dieses Jahr sollte für Deutschland ein Unglücksjahr erster Ordnung werden. Am 1. September brach der Krieg aus der in einer über 6jährigen Dauer unser Vaterland in ein Meer von Tränen und eine Trümmerwüste verwandelte. Der grösste Teil der aktiven Mitglieder stand im Felde und was zurückblieb reicht nicht aus um den Anforderungen hier in der Heimat gerecht zu werden. Welch ein Unterschied zwischen dem 1. Weltkrieg 1914-1918 und dem von 1939-1945! Während im 1. Weltkrieg fasst nichts zerstört wurde, wurde im dem 2. Weltkrieg die Heimat in eine Wüste verwandelt und abertausende von unschuldigen Menschen fanden den Tod unter den Trümmern. Bei dem Großangriff [a]uf Frankfurt stand ich als technischer Leiter des Rettungsdienstes mit einer Handvoll Leute über 8 Tage im Einsatz hier in Schwanheim um dem Flüchtlingsstrom aus Frankfurt zu steuern (cirka 6000). Kein Transportgerät stand zur Verfügung weil alle Wagen soweit sie nicht unter dem Bombenhagel vernichtet wurden in Frankfurt selbst gebraucht wurden. Es mussten Privatwagen herangezogen werden wo zum Teil nicht zugelassen waren und wo ich Eigentümer gegenüber die Verantwortung übernehmen musste. Kranke wurden zum Teil nach dem Bunker in Kelsterbach und nach Gottelau verbracht werden, Wöchnerinnen nach Köppern i/T. Um diesen aufreibenden Dienst bewältigen zu können war die Bereitschaft einmal 36 Stunden ununterbrochen tätig um das notwendigste leisten zu können was getan werden musste. Diese Schreckensstunden wiederholten sich bei dem Luftangriff auf Frankfurt bis zum Jahr 1945.
Das Jahr 1945. Dieses Jahr brachte dem deutschen Volke eine Niederlage wie es seit 1806 [Anm.: Niederlage der preußischen Armee bei Jena und Auerstedt] nicht mehr erlebt hatte. Am 26. März rückten die feindlichen Truppen in Schwanheim ein und im Mai musste Deutschland bedingungslos kapitulieren. Derartige harte Bedingungen hatte das Deutsche Volk bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu verzeichnen gehabt. Selbst das Rote Kreuz wurde den Nebenorganisationen der N.S.D.A.P. gleichgestellt. Die Mitgliedschaft im Roten Kreuz wurde genau so gehandhabt als eine Mitgliedschaft in einer sonstigen N.S. Organisation der Partei. Das Wort Deutsch musste vor dem Wort "Rotes Kreuz" gestrichen werden. Diese Massnahmen standen in einem direkten Widerspruch zu den internationalen Gepflogenheiten. Seit Gründung des Roten Kreuzes unterstand es immer jeweils in den einzelnen Ländern den betreffenden Regierungen und dem vorhandenen System. Die Strafmassnahmen rief unter den Mitgliedern vor allem unter den Alten eine grosse Erbitterung hervor und ungezählte stehen heute noch abseits zum grossen Schaden des Roten Kreuzes selbst.
Trotz dieser unliebsamen Erscheinungen der damaligen Zeit muss hervorgehoben werden, dass die in der Heimat verbliebenen älteren Kameraden getreu ihre Pflicht erfüllten. [D]ie jungen Mitglieder waren ja fast alle noch in Kriegsgefangenschaft. In den allgemeinen Wirren dieser Zeit verloren wir einen unserer besten Kameraden Josef Geiling durch einen Kopfschuss. In Ausübung treuer Pflichterfüllung traf [i]hn die tötliche Kugel. Ich persönlich stand tiefbewegt an seiner Totenbahre. Die Bereitschaft erwies ihm bei der Beerdigung die letzte Ehre.<xml></xml>
Die Bereitschaft wurde in den Jahren 1945/46 eine Zeit des allgemeinen Chaos vor grosse Herausforderungen gestellt. Es galt in erster Linie den Heimkehrer und die Flüchtlinge zu betreuen und Ihnen wenigstens für eine Nacht Obdach zu gewähren. Zu all diesen äusseren Schwierigkeiten gesellten sich noch die inneren. Der seitherige Vorstand musste zurücktreten nicht allein in der Bereitschaft Schwanheim sondern auch in den übrigens Bereitschaften von Gross-Frankfurt. Dass die wichtigsten Posten nicht immer von fachkundigen Kräften besetzt wurden lag in der Natur der Sache. Des weiteren war von nachteiliger Wirkung, dass die Bereitschaft keinen leitenden Arzt hatte. In anerkennenswerter Weise übernahm auf Fürsprache des Vorstandes Herr Dr. med. Heuser die ärztliche Betreuung der Bereitschaft. Der frühere Kolonnenführer Karl Halter sowie der frühere Kolonnenführer-Stellv. und Kassenführer Hch. Kreuder traten wieder aktiv auf den Plan. Kamerad Kreuder übernahm erneut die Kassengeschäfte. Unter der Leitung des Bereitschaftsleiters Willi Ringelstein im Verein mit dem neugebildeten Vorstand trat eine enorme Aufwärtsbewegung ein. Die Kassenverhältnisse waren wurden saniert und innerhalb eine[s] Jahres konnte der grösste Teil der Bereitschaft neu eingekleidet werden und auch die Ausrüstung wurde vervolllkommnet. In der Jahreshauptversammlung von 1952 konnte zum ersten Mal seit langen Jahren ein ausgeglichener Haushaltsplan 1952/53 vorgelegt werden dessgleichen eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung mit einer Jahres Bilanz. Trotz aller Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten kann heute gesagt werden, dass die Bereitschaft wieder auf eine gesunde Basis gestellt ist und auch das alte Ansehen bei den übergeordneten Dienststellen wieder errungen hat.
Der Vorstand besteht [1952] aus folgenden Personen: Leitender Arzt Dr. med Heuser, Bereitschaftsleiter Willi Ringelstein, Ehren-Bereitschaftsleiter Karl Halter, Ehren-Zugführer und Kassenführer Hch. Kreuder, Stellv. Bereitschaftsleiter Wilhelm Filler, Zeugwart B. Werkmann, Schriftführer [… leer gelassen …], Stellv. Zeugwart Jacobasch.